Pflanzenkohle – was ist das?

Äußerlich ist sie schwarz und unscheinbar. Doch ihre gewaltige innere Oberfläche und ihre poröse Struktur machen sie einzigartig und wertvoll für viele Bereiche. Pflanzenkohle entsteht aus pflanzlicher Biomasse wie sie in der Landwirtschaft, im Garten- und Weinbau und den Kommunen anfällt. Bei hohen Temperaturen und weitgehend unter Ausschluss von Sauerstoff werden zum Beispiel Holz, Hecken-, Baum- oder Grasschnitt ebenso wie Getreidespelzen karbonisiert. Dieses Verfahren der Pyrolyse kann in jedem Garten z.B. mit einer Bodengrube oder für die industrielle Nutzung auch in Großanlagen angewendet werden.

Neben der stofflichen Anwendung und damit einhergehenden Verbesserung von Eigenschaften, z.B. des Bodens oder von Baumaterialien, bietet Pflanzenkohle weitere Vorteile. Bei Ihrer Produktion entsteht erneuerbare Energie in Form von Wärme, welche als Prozesswärme genutzt und zusätzlich in Strom umgewandelt werden kann. Damit kann die Pflanzenkohleproduktion einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Je nach Anwendung entsteht zusätzlich eine dauerhafte Kohlenstoffsenke, da dem Kreislauf Kohlenstoff entzogen wird, der sonst durch Verwesung oder Verbrennung der Biomasse wieder freigesetzt würde. Alternativ kann Pflanzenkohle auch fossile kohlenstoffhaltige Stoffe wie Braun-/Steinkohle oder Aktivkohle ersetzen und zur Defossilisierung beitragen.

Anwendungsmöglichkeiten

Während fossile Kohlen hauptsächlich als Brennstoff zum Einsatz kommen, nutzt man die Pflanzenkohle als festen Hilfsstoff für fruchtbare Böden, in der Tierhaltung, als Filter und in vielen anderen Bereichen. Der in ihr enthaltene Kohlenstoff wird langfristig der Atmosphäre entzogen – eine große Chance im Kampf gegen den Klimawandel.

vielfältig im Einsatz, überzeugend in der Wirkung

Pflanzenkohle im Weinbau

Landwirtschaft

Beispielhafte Anwendungen: Dünger-Additiv, Futterzusatz

Vorteile/Potenziale: Humusaufbau, Reduktion Lachgasemissionen, Grundwasser- & Bodenqualität, (u.a. PFAS Bindung)

Ausgewählte Zusatznutzen: Wasserhaltekapazität, Bodenfruchtbarkeit, Erhalt Biodiversität

Erste Projekte in Deutschland: Großes Produktportfolio verfügbar, EU: EIT-Food, Projekt Black to the Future

Urbane Anwendungen

Beispielhafte Anwendungen: Stadtbäume, Schwammstadt

Vorteile/Potenziale: Klimaresilienz, Stadtgrün, Starkregen Management

Ausgewählte Zusatznutzen: Kühlungseffekt, Biodiversität, Abwasser-Filterung

Erste Projekte in Deutschland: Darmstadt, Magdeburg

 
Bau

Beispielhafte Anwendungen: Zuschlagsstoff Asphalt, Zement

Vorteile/Potenziale: CO₂-neutrale Baustoffe, Metallurgie (Brückentechnologie H₂)

Ausgewählte Zusatznutzen: Gewichtsvorteile, Dämmungswirkung, Elektr. Leitfähigkeit

Erste Projekte in Deutschland: bisher nur Niederlande, Schweiz, Österreich

Foto von Pflanzenkohlestück

 
Industrie

Beispielhafte Anwendungen: Biogene Kohlenstoffe

Vorteile/Potenziale: Ersatz fossiler Kohlenstoffe, Insetting Scope 3

Ausgewählte Zusatznutzen: Stoffkreisläufe schließen

Erste Projekte in Deutschland: ThyssenKrupp RotheErde, Barry Callebaut

Herstellung: Rohstoffe und Technologien

Rohstoffe

Pflanzenkohle wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt – zum Beispiel aus Holz oder pflanzlichen Reststoffen wie Heckenschnitt, Laub oder Grünabfällen. Die Qualität der Rohstoffe ist neben den Prozessparametern der Kohleherstellung entscheidend für die Kohlequalität. Daher müssen die Ausgangsmaterialien streng kontrolliert werden, insbesondere auf Schadstoffe. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist zudem darauf zu achten, dass die Rohstoffe aus der näheren Umgebung und einer nachhaltiger Produktion stammen. Alle notwendigen Anforderungen stellt das EBC (European Biochar Certificate) sicher stellt. Dort findet sich auch eine Positivliste für die Rohstoffe.

Technologien

Manuelle Anlagen

Mit manuellen Anlagen lässt sich grundsätzlich mit relativ geringem Investment sichere und hochwertige Pflanzenkohle erzeugen, doch dazu ist Sachverstand notwendig. Manuelle Anlagen können als Brückentechnologie betrachtet werden, bis günstigere, kontrolliertere Pyrolyseanlagen flächendeckend verfügbar sind.

Industrielle Produktionsanlagen

Für Landwirt*innen, Kommunen und weitere Pflanzenkohle-Nutzer im industriellen Maßstab eignen sich automatisierte Großanlagen, die nur einen geringen Personalaufwand erfordern. Diese Anlagen verfügen über geprüfte Abgassysteme. Die dort anfallenden Öle können abgeschiedenen und stofflich oder energetisch verwendet werden können.

Pflanzenkohle Zertifizierungen

Der Rohstoff Pflanzenkohle unterscheidet sich zum Teil stark in Abhängigkeit der Biomasse die als Ausgangsmaterial dient sowie den Herstellungsbedingungen. Um eine konstant hohe Qualität von Pflanzenkohle nachzuweisen, existieren verschiedene Zertifizierungsmöglichkeiten.

Der EBC Standard wurde entwickelt, um Risiken bei der Verwendung von Pflanzenkohle zu minimieren, insbesondere bei landwirtschaftlichen Anwendungen, und negative Umweltauswirkungen ihrer Produktion zu vermeiden. Es ist ein freiwilliger Industriestandard, mehr dazu erfahren Sie z.B. in diesem Fachvortrag.

Neben der Zertifizierung des Rohstoffs Pflanzenkohle, gibt es auch Zertifizierungen für die möglichen Kohlenstoffsenken die mit der Anwendung von Pflanzenkohle verbundenen sind, z.B. EBC Global Biochar/Artisan C-Sink oder Puro Standard. Einen Überblick zu bestehenden Standards bietet die International Biochar Initiative (IBI).

Unabhängig von freiwilligen Zertifizierungen, benötigt die Produktion, Anwendung oder der Vertrieb von Pflanzenkohle in Deutschland weitere Zertifizierungen wie REACH und ggf. auch eine CE Zertifizierung.

German-Biochar-Leitlinien für Pflanzenkohle-basierte Kohlenstoffsenken-Zertifzierungen

Der Handel mit Kohlenstoffsenken-Zertifikaten wird in der Pflanzenkohle-Welt zunehmend wichtiger. Entsprechend kommen immer mehr Zertifizierungssysteme auf den Markt. Aber welche dieser Zertifikate sind wirklich wissenschaftlich robust und ökologisch sinnvoll gestaltet? Um dies zu bewerten und für Übersicht auf dem Markt zu sorgen, hat German Biochar Leitlinien erstellt, anhand derer Pflanzenkohle-basierte C-Senken-Zertifikate als empfehlenswert oder nicht empfehlenswert eingestuft werden können. Die Leitlinien sollen Zertifikatsentwicklern auch aufzeigen, wie gute Zertifizierungssysteme aussehen sollen. Wichtig ist dabei: German Biochar bewertet oder auditiert nicht einzelne Unternehmen, sondern schaut sich nur die Zertifizierungssysteme selbst an.

Pilotprojekte

Projektideen rund um Pflanzenkohle sind ebenso vielfältig wie die Pflanzenkohle selbst. Egal, ob Konzepte für Kommunen, Landwirtschaft oder Kläranlagen geht – wir stehen Mitgliedern und Partnern immer mit Fachwissen und Tat zur Seite.

Pflanzenkohle-Karte

Auf der Pflanzenkohle-Karte finden Sie alle institutionellen Mitglieder und Wohnorte der privaten Mitglieder des German Biochar e.V.

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Berater, Anwender, Partner-Netzwerk, Institute und Universitäten, Anlagenhersteller, German Biochar e.V., Sonstiges) bzw. dem Wohnort privater Mitglieder.

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Mehr Informationen

Geschichtlicher Hintergrund

2000 v. Chr. ⊙

Bis zu 4000 Jahre altes Verfahren

Die Ureinwohner Südamerikas stellten im Amazonas-Gebiet schon vor Jahrhunderten Terra Preta her. Dies ist ein dunkle, humus- und nährstoffreiche Erde mit hoher Fruchtbarkeit. Dabei spielt die Pflanzenkohle eine wichtige Schlüsselrolle, da sie Nährstoffe und Mikroorganismen bindet. Dies war für die Ureinwohner des Amazonas daher so wertvoll, da Nährstoffe in den stark verwitterten Böden ausgewaschen waren und kaum gespeichert werden konnten.

Die Erforschung begann in 1990er Jahren

Weltweit erforschen Bodenkundler die Zusammensetzung der Terra Preta und das Geheimnis ihrer Entstehung. Prof. Dr. Bruno Glaser und sein Team der Universität Bayreuth konnten nachweisen, dass die Terra Preta von Menschenhand geschaffen wurde. Im Jahr 2006 konnte das ursprüngliche Verfahren der Terra Preta-Gewinnung rekonstruiert werden. Zudem gelang es, durch ein biotechnisches Verfahren „Schwarzerde“ zu erstellen, deren genetischer Fingerabdruck und Eigenschaften denen der Terra Preta entsprechen.
⊙ 1990
2010 ⊙

Aus Biochar wird Pflanzenkohle

Der englische Begriff „Biochar“ wurde seit 2009 meist mit „Biokohle“ übersetzt. Um Verwechslungen mit biozertifizierten Landwirtschaftsprodukten zu verhindern, wurde der neutrale Begriff „Pflanzenkohle“ festgelegt. Durch die Suche nach Lösungen für die globale Klimakrise und die Nahrungssicherung erfährt die Pflanzenkohle eine neue Aufmerksamkeit.