Kon-Tiki – Die Demokratisierung der Pflanzenkohleproduktion

Ithaka Journal Kon Tiki

von Hans-Peter Schmidt und Paul Taylor
übernommen aus dem Ithaka Journal

Eine so simple wie geniale Erfindung ermöglicht es fortan jedem Landwirt und Gärtner überall auf der Welt, selbst Pflanzenkohle in genügender Menge und bester Qualität herzustellen. Mit überschaubaren Anschaffungskosten und dem Knowhow der alten Indianer von Ithaka lässt sich an einem Nachmittag ein Kubikmeter bester Pflanzenkohle aus den Reststoffen einer Farm oder eines Hinterhofes herstellen. Die Demokratisierung der Produktion von Pflanzenkohle wird zum Schlüsselelement der Schließung landwirtschaftlicher Stoffströme.

  • Gliederung
    Vom Feuer lernen
  • Die Analogie des Streichholzes
  • Vom Grundprinzip rauchlosen Feuers
  • Offene Erdmeiler
  • Mit dem Feuer, nicht gegen das Feuer
  • Kon-Tiki Kegelmeiler
  • Optimierung der Verbrennung durch Verwendung eines Außenmantels
  • Trocknen und Pyrolysieren
  • Entzünden und Nachschichten
  • Feuerungsdauer
  • Ablöschen
  • Qualität
  • Zukunft
  • Nächste Entwicklungsschritte
  • Bauen oder Kaufen und eine Spende für Forschung und Entwicklung

Industriell hergestellte Pflanzenkohle wird in den nächsten Jahrzehnten vermutlich zu einem der entscheidenden Rohstoffe der biobasierten Wirtschaft. Da die Pflanzenkohle aber hauptsächlich in der Elektronik, der Bauindustrie, der Papierherstellung, der Abwasserreinigung und für sonstige neue Materialen im 3D-Druck verwendet werden wird, ist schon heute absehbar, dass industriell hergestellte Pflanzenkohle wohl zu teuer bleibt, um als bloßer Bodenverbesserer oder Güllezusatz in der Landwirtschaft zum Einsatz zu kommen. Die einzige Chance, kostengünstig Pflanzenkohle für den landwirtschaftlichen Einsatz zu erhalten, besteht darin, dass Landwirte und Gärtner ihre eigene Pflanzenkohle aus den eigenen vor Ort anfallenden Reststoffen herstellen. Nur dann kann Pflanzenkohle am Ende lokaler Nutzungskaskaden auch wieder zum Grundbaustein humusreicher Böden werden.

Die Völker aller alten Hochkulturen stellten Holzkohle in so riesigen Mengen her, dass ganze Länder entwaldet wurden. Hauptsächlich wurde diese Holzkohle zum Schmelzen von Erzen, zum Schmieden und zum Brennen von Keramik verwendet, doch ein nicht unerheblicher Teil wurde offenbar in Verbindung mit organischen Abfällen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Böden verwendet (Glaser and Birk, 2012).

Wenn nun aber die Völker vergangener Jahrhunderte Holz- und Pflanzenkohle in so großen Mengen herzustellen vermochten, wie kann es dann sein, dass es im Zeitalter der Hochtechnologie und nach inzwischen Millionen schweren Forschungsprojekten noch nicht gelungen ist, eine einfache, verlässliche und bezahlbare Anlage zu entwickeln, um auf Bauernhöfen und in Gemeinden aus den dort anfallenden Reststoffen wirtschaftlich rentabel Pflanzenkohle zu produzieren?

Wie haben unsere Vorfahren ohne Kettensägen, ohne Stahl, ohne Förderbänder und Elektromotoren so enorme Mengen Pflanzenkohle hergestellt, dass im Durchschnitt etwa ein Fünftel des Kohlenstoffs im Humus der weltweiten Böden Pflanzenkohle ist (Kluepfel et al., 2014; Rodionov et al., 2010; Schmidt and Noack, 2000). Auch wenn der Hauptteil dieser Pflanzenkohle im Humus durch natürliche, häufig wohl aber von Menschen veranlasste Wald- und Steppenbrände (Gammage, 2012; Gerlach et al., 2012; Rodionov et al., 2010) in die Böden gelangt ist, so muss doch im Umkreis von Siedlungsplätzen, wo der Anteil der Pflanzenkohle um ein weites den der sonstigen Böden übersteigt, die Pflanzenkohle aus gezielter Produktion stammen (Gerlach et al., 2012, 2006). Denn die kleinen Reste, die im Herdfeuer zurück bleiben, können die gefundenen Mengen (Glaser and Birk, 2012) nicht erklären.

Autoren

Hans-Peter Schmidt
Gründungsdirektor des schweizerischen Ithaka Institute for Carbon Strategies. Mit seinem Institut entwickelt und verwirklicht er Konzepte klimapositiver Landwirtschaft in Europa, Asien und Lateinamerika. Er leitet die European Biochar Foundation und ist Editor des Biochar Journal.

Paul Taylor

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