Stadtplanung steht vor der Herausforderung, dass bei einer steigenden Verdichtung der urbanen Räume immer weniger Platz für Stadtgrün bleibt. Dabei ist gerade dieses für das städtische Klima und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels so wichtig. Das Projekt „VertiKKA“ sucht Antworten auf diese Frage und integriert die Pflanzenkohle in den Prozess der Grauwasserreinigung.
Nachhaltige Stadtplanung
Bis zum Jahr 2050 werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen über zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Zudem ist die Stadtplanung mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:
- der Klimawandel mit seinen Erwärmungseffekten und Extremwetterereignissen
- die Überlastung der urbanen Abwasserinfrastruktur
- Belastungen durch Feinstaub, Lärm und reduzierter Biodiversität
Grün-blaue Infrastruktur (GI) kann als Antwort auf diese Herausforderungen dienen. Die Farben “Grün“ und „Blau“ stehen hier symbolisch für alle bepflanzten Bereiche und Wasser in Ballungsräumen. Denn beides hat positive Auswirkungen auf die urbane Biodiversität, den natürlichen Wasserhaushalt, die Luftqualität und das allgemeine Wohlbefinden der Bevölkerung. Aktuell liegt das Hauptaugenmerk der Stadtplanung jedoch noch auf der „grauen Infrastruktur“ – also auf Häuser, Mauern, Markt- und Parkplätze, Straßen und Wegen.
Für die Umsetzung von mehr „Grün“ und „Blau“ fehlt es häufig an Platz. Hinzu kommt, dass viele Ansätze technisch noch nicht ausgereift sind und/oder negative Nebeneffekte mit sich bringen. Zum Beispiel lösen Fassadenbegrünungslösungen das Platzproblem effizient, doch weisen sie hohe Trinkwasserverbräuche auf. Zudem sind sie bei extremen Wetterbedingungen (z.B. Hitze, Frost) anfällig, denn es fehlt ein ausreichender Wetterschutz.
Das Projekt VertiKKA
VertiKKA, die Vertikale Klima-Klär-Anlage, ist ein innovatives GI-Konzept, das auf Fassadenbegrünung setzt. Mit dabei sind ein Wetterschutz der Pflanzen durch Photovoltaik-Module und ein neu gedachtes Abwasser-Management. Im Rahmen des BMBF-Förderprogramms „Ressourceneffiziente Stadtquartiere“ wird VertiKKA gerade mit neun Partnern entwickelt.
Schauen wir uns VertiKKA daher etwas genauer an: Die angestrebten positiven Auswirkungen der VertiKKA liegen in der Kombination der Einzelvorteile von Fassadenbegrünungssystemen (z.B. gesteigerte Kühlungs- und Dämmwirkung, Verbesserung von Luftqualität und Feinstaubbindung, Reduktion der Lärmbelastung) und der Erzeugung von erneuerbarem Strom durch Photovoltaik (PV). Durch die Bewässerung mit Grauwasser kann dieses gereinigt, Nährstoffe recycled und Trinkwasser eingespart werden. Zudem werden so Kläranlagen und Abwasserkanäle entlastet und könnten als zusätzlicher Pufferraum bei Starkregenereignissen genutzt werden.
Folgende Synergieeffekte stehen zusätzlich auf dem Plan:
- Schutz der Pflanzen vor extremen Witterungsbedingungen durch PV-Module
- ständige Verfügbarkeit von getrennt erfasstem Grauwasser als Bewässerungswasser
- höhere PV-Stromerträge durch Kühlungseffekte der Pflanzen
Die derzeitige Herausforderung des Projektes besteht in der Genehmigungsfähigkeit. Da es sich bei der VertiKKA um eine innovative technische Lösung handelt, sind viele genehmigungsrechtliche Aspekte (z.B. Statik oder Brandschutz) bisher nicht eindeutig durch gesetzliche Vorgaben geregelt.
Getestet wird VertiKKA seit Mai 2021 an einer Prototyp-Vorstufe in Weimar. Dort sind VertiKKA-Module aufgebaut, an denen die Versuche zur Reinigungsleistung, der Pflanzenvitalität sowie der Verschattung durch die PV durchgeführt werden. Diese Anlage wird dort bis zum Ende des Projektes beforscht.
Die Rolle der Pflanzenkohle
Die Pflanzenkohle (PK) wird hauptsächlich im Reinigungssubstrat eingesetzt. Dort leistet sie mit ihren adsorptiven Eigenschaften einen maßgeblichen Beitrag zur Reinigung des Grauwassers bei, mit dem die Fassadenbegrünungsmodule bewässert werden. PK trägt dazu bei, die zulässigen Grenzwerte der AbwV einzuhalten. Die Substrate aus Pflanzenkohle zeigten bisher mit die besten Ergebnisse in der Reinigungsleistung.
In den Versuchsaufbauten der Bauhaus Universität Weimar werden gerade verschiedene Mischungen der Reinigungssubstrate getestet. Am besten schnitt bis jetzt eine Pflanzenkohle aus Gerstenspelzen ab. Derzeit erfolgen weitere Optimierungen bzgl. der Pflanzenkohlen-Ausgangsstoffe. Die Bewuchspflanzen nehmen ihren Nährstoffbedarf über das Abwasser auf und sorgen mit diesem Entzug für eine weitere Aufreinigung (vgl. Gujer, 2007).
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