Biochar Carbon Removal (BCR) ist eine der günstigsten und am weitesten entwickelten Technologien zur Erzeugung permanenter Negativ-Emissionen. Deutsche Unternehmen sind Vorreiter und Technologieführer und können in den kommenden Jahrzehnten massiv skalieren und zehntausende Arbeitsplätze in Anlagenbau, Projektierung, Betrieb und Anwendung schaffen. Um diese Ziele zu erreichen muss die neue Bundesregierung jedoch einige gesetzliche Hürden in Deutschland beseitigen.
1. Negativ-Emissionen für Kommunen und Unternehmen anrechenbar machen
Kohlenstoffsenken sind in kommunalen Klimabilanzen derzeit nicht anrechenbar. Auch für Unternehmen sind Negativ-Emissionen nicht offiziell anrechenbar. Die Anrechenbarkeit ist ein entscheidendes Puzzlestück, um die Kompensation von schwer bzw. unvermeidbaren Emissionen zu ermöglichen und den kostengünstigen Aufbau permanenter C-Senken voranzutreiben.
Wir fordern die Möglichkeit für Kommunen und Unternehmen Negativ-Emissionen in ihren Klimabilanzen anrechnen zu können.
2. Umfassende Zulassung von Pflanzenkohlen in der Düngemittelverordnung
Die aktuelle DüMV gibt vor, dass nur Holzkohle mit mindestens 80% Kohlenstoffgehalt in Düngemitteln eingesetzt werden darf. Dies schließt ohne sachlichen Grund eine Vielzahl von Pflanzenkohlen aus anderen Biomassen aus, gleichzeitig fehlen in der aktuellen Regelung spezifische Grenzwerte für organische Schadstoffe.
Eine umfassende Zulassung mit Verweis auf die DIN-Norm für "Pyrogene Kohlenstoffmaterialien" ermöglicht eine breite Anwendung und erhöht die Sicherheit erheblich.
3. Pyrolyse als stoffliche Verwertung (Upcycling) von Biomasse anerkennen
Biomasse-Pyrolyse ist keine reine energetische Nutzung von Biomasse, sondern vornehmlich eine stoffliche Verwertung von Biomasse in Kaskadennutzung. Der Wert der Kohlenstoffspeicherung bei stofflicher Verwendung von Pflanzenkohlen muss anerkannt werden.
Wir fordern die Anerkennung und Einbeziehung von Biochar Carbon Removal als Negativemissionstechnologie und stoffliche Verwertung von Biomasse.
4. Förderung von Pyrolyseanlagen in bestehenden und zukünftigen Fördermaßnahmen
Expliziter (EEW) und impliziter (u.a. BAFA Modul 4) Ausschluss von Pyrolyseanlagen in Fördervorgaben in Verbindung mit hohen Investitionskosten behindern die Skalierung von BCR. Der explizite Ausschluss (EEW) ist auf Nachfrage beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nur unzureichend begründet worden. Bei anderen Fördertöpfen für Wärmenetze, industrielle Abwärmenutzung etc. werden Effizienzvergleiche mit Anlagen gefordert, die Biomasse vollständig verbrennen, ohne jedoch den absichtlichen Verzicht auf maximale Energieausbeute zugunsten der C-Speicherung bei Pyrolyseanlagen in die Bewertung einzubeziehen, wodurch letztere als ineffizient gelten und konsequenterweise nicht gefördert werden.
Wir fordern die Rücknahme von Förderausschlüssen von Biomasse-Pyrolyseanlagen in bestehenden Förderrichtlinien, die Berücksichtigung der C-Speicherung als eigene Form der Wertschöpfung und die Schaffung eigener Fördermaßnahmen, explizit für Biomasse-Pyrolyseanlagen zur Erzeugung von Negativ-Emissionen und klimaneutraler Energie.
5. Eigene BImSchV für Pyrolyseanlagen
Die Genehmigungsverfahren für Pyrolyseanlagen ziehen sich in Deutschland enorm in die Länge und behindern die Skalierung, weil seitens der Behörden Unsicherheit über die Einordnung der Pyrolyseanlagen herrscht.
Der Großteil der Pyrolyseanlagen, die biogene Reststoffe einsetzen wurde bisher über die 4. BImSchV 8.1.1 zugelassen und wird hierdurch mit Abfallverbrennungsanlagen gleichgesetzt. Aus Unsicherheit werden oftmals unverhältnismäßig hohe Auflagen für die Genehmigung solcher Anlagen vorgeschrieben, selbst dann, wenn nur unbehandelte Biomasse eingesetzt wird.
Ein weiteres Problem entsteht durch die Erfassung von sämtlichen Anlagen die über die 4. BImSchV 8.1.1 zugelassen wurden durch das BEHG. Anlagenbetreiber sind hierdurch mit erheblichem bürokratischem Aufwand belastet, nur um nachzuweisen, dass sie bei 100% Biomasse-Einsatz tatsächlich keine Emissionszertifikate kaufen müssen.
Wir fordern eine eigene BImSchV für Pyrolyseanlagen, die die Spezifika dieser Technologie entsprechend berücksichtigt und vom BEHG ausnimmt.
6. Einsatz von Klärschlamm-Pyrolysat in der Landwirtschaft zulassen
Durch Pyrolyse wird Klärschlamm in einen wertvollen Phosphordünger und Kohlenstoffspeicher umgewandelt, während dabei alle biologischen Risiken, Plastikrückstände und organische Schadstoffe eliminiert werden. Im Gegensatz zur Klärschlammverbrennung erfolgt die Pyrolyse dezentral und vermeidet den kraftstoffintensiven Transport von unbehandeltem Klärschlamm.
Obwohl die kommunale Klärschlamm-Pyrolyse in Deutschland an verschiedenen Standorten erfolgreich praktiziert wird, sind die Betreiber zur thermischen Entsorgung des Karbonisats gezwungen. Dies führt nicht nur zu geringeren Einnahmen durch den Wegfall der Vermarktung, sondern auch zu zusätzlichen Ausgaben.
Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Nachweise, die belegen, dass die Schadstoffeliminierung bei der Pyrolyse im gleichen Umfang gewährleistet ist wie bei der Verbrennung und dass der Phosphor in Klärschlamm-Karbonisaten pflanzenverfügbar ist, setzt die Politik einseitig auf große, zentrale Monoverbrennungsanlagen. Dabei werden dezentrale Pyrolyseanlagen, die in das lokale Gesamtkonzept der Kläranlagenbetreiber integriert werden können, nicht ausreichend berücksichtigt.
Wir fordern die Zulassung von Klärschlamm-Pyrolysaten in der Landwirtschaft unter Festlegung sinnvoller Schadstoff-Grenzwerte, um Phosphor-Recycling in Kombination mit Kohlenstoffspeicherung zu ermöglichen.
Erläuterungen
Zu 2. Umfassende Zulassung von Pflanzenkohlen in der Düngemittelverordnung
Der Arbeitsausschuss NA 062-02-85 des deutschen Instituts für Normung erarbeitet derzeit eine Norm "Pyrogene Kohlenstoffmaterialien". Diese Produktnorm umfasst Vorgaben zur Charakterisierung von pyrogenen Kohlenstoffenmaterialien, benennt Analyseverfahren und Spezifikationen für einzelnen Anwendungsbereiche, auch für die Anwendung von Pflanzenkohle und Klärschlamm-Karbonisaten im Boden. Davon ausgehend kann die Düngemittelverordnung im Punkt 7.1.10 wie folgt angepasst werden:
7.1.10 | Kohlen | Braunkohle, auch Leonardit, Xylith, nicht als Rückstand aus vorherigen Produktions- oder Verarbeitungsprozessen |
Verwendung von Braunkohle:
Boden- und Substratanwendung gemäß DIN Pyrogene Kohlenstoffmaterialien ohne Einschränkungen |
Zu 6. Einsatz von Klärschlamm-Pyrolysat in der Landwirtschaft zulassen
Phosphordünger aus der Pyrolyse von Klärschlamm soll im Sinne der Kreislaufwirtschaft und zur Sicherung der Ressourcen-Unabhängigkeit zugelassen werden. Dazu muss Tabelle 6.2 um folgende Zeile ergänzt werden:
6.2 Phosphatdünger aus der [Bezeichnung nach Spalte 1] nach Anlage 1 Nummer 1.2.9 | |||
Ausgangsstoff, Stoffgruppe oder Herkunft | Einschränkung der zulässigen Ausgangsstoffe | Ergänzende Vorgaben und Hinweise | |
6.2.X | Pyrolyse von Klärschlämmen | Pyrolysate von Klärschlämmen nach Tabelle 7.4 Nummer 7.4.3 | Spezifische Vorgaben der DIN Pyrogene Kohlenstoffmaterialien sind einzuhalten. |
Zu 1., 2. und 6.:
Dänemark dient als vorbildliches Beispiel für die Umsetzung unserer Forderungen 1, 2 und 6. Das Land integriert BCR in seine nationale Klimastrategie, indem es die Pyrolyse von Gärresten und kommunalen Klärschlämmen fördert und den Einsatz der Pyrolyseprodukte in der Landwirtschaft erlaubt. Um Landwirte zur Reduzierung landwirtschaftlicher Emissionen zu motivieren, wurde zusätzlich eine Steuer auf Emissionen aus Tierhaltung und Ackerbau eingeführt. Die eingenommenen Steuergelder werden sektorintern verwendet, um den Einsatz von Biochar zu finanzieren und somit große Kohlenstoffsenken zu schaffen.
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